Herzlich willkommen zur neunten Breitseite. Das ist ein Format, mit dem ich all das anvisieren möchte, was es vermutlich nicht in eine Rezension schafft. Das liegt manchmal an der Qualität, aber meist an der Zeit, weil ich die Themen stark auswählen muss. Die Breitseite ist also eine Folge an Kurzkritiken zu Spielen, die zwar in mein Beuteschema passen, aber die ich vielleicht nur ein paar Stunden gezockt habe.
Ob ich mit diesen frühen Einschätzungen den Kern treffe, ist natürlich nicht sicher. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel, aber in der Vergangenheit haben mich nur wenige Spiele nachträglich faszinieren können, die nicht schon früh überzeugen konnten. Ich werde auch mal ältere Titel oder einen Geheimtipp einbinden, damit immer etwas Empfehlenswertes dabei ist.
Um die Spannung ein wenig zu erhöhen und eine Gewichtung anzubieten, werde ich mich jeweils vom schwächsten bis zum stärksten Eindruck hochschießen. Diesmal dabei, hier noch in alphabetischer Reihenfolge: Assassin's Creed Mirage, Atlas Fallen, Blasphemous II, Book of Hours, Under the Waves.
Okay, denn man tau und Feuer frei - hier kommt die neunte Breitseite:
Atlas Fallen...
...ist am 10. August für PC, PS5 sowie XBS für knapp 50 Euro erschienen. Ich schätze Deck13 als Entwickler für die beiden Soulsikes The Surge, weil sie dieses Subgenre mit einem kreativen Kampfsystem samt Trefferzonen bereichert haben; im zweiten Teil haben sie zudem die Erkundungsreize sowie das Weltdesign verbessert. Und ich begrüße ich den Schritt, mit Atlas Fallen mal eine andere Richtung einzuschlagen, also raus aus dem langen Schatten von From Software, rein in die offene Wüstenwelt mit frischem akrobatischen Wind und fulminanten Kämpfen.
Das alles klang gut und die Trailer haben mich noch angelockt. Aber der Einstieg war leider eine Enttäuschung. Weder die Story noch die Fantasywelt, die zwar hübsch designt ist, aber so behäbig wie in einem Rollenspiel mit Dialogen und Quests aufgebaut wird, konnten mich neugierig machen. Im Gegenteil: Nahezu alles war entweder vorhersehbar oder stellenweise so dröge getextet, dass mich der Begleiter Nyaal mit seinen Hinweisen bald nervte. Die Nebencharaktere wirkten stereotyp und ihr Artdesign im Gegensatz zu jenem einiger cooler Monster recht plump.
Auch die guten Sprecher (u.a. Oliver Rohrbeck, Martin Keßler) konnten nicht verhindern, dass ich mich im ersten Lager wie in einem schlechten Gothic fühlte und mich fragte, warum mich die Regie hier auf diese zähe Art von A nach B schickt. Selbst wenn es dann endlich zur Sache geht, wenn es im Gelände um Kombos und Kampf geht, zündet dieses Abenteuer nicht so wie erhofft. Die weitgehend flüssig und elegant inszenierte Action fühlt sich nicht besonders cool an und die Übersicht kann bei zu vielen Feinden flöten gehen.
Das im Ansatz interessante Momentum-System, das eigentlich Risiko belohnen soll, wirkt fast überflüssig, denn mit Schema F hat man ausreichend Erfolg: also zuschlagen und ausweichen, um nicht getroffen zu werden. Ich habe meine Kampfmanöver natürlich noch gar nicht weit entwickelt, außerdem entsteht im Angesicht der pompösen Monster durchaus mehr Adrenalin und das temporeiche Cruisen samt Absprungtiming macht zwischendurch mal Laune. Also: Das ist kein Reinfall. Aber nach den ersten Stunden war ich doch ernüchtert, wie wenig mich sowohl der Kampf als auch die Spielwelt reizten. Jedenfalls hatte ich keine Lust mehr, weiterzuspielen.
Blasphemous II...
...ist am 24. August für PC, PS5, XBS sowie Switch erschienen und kostet knapp 30 Euro. Falls ihr Kampf-Plattformer wie The Messenger, Dead Cells oder Salt and Sanctuary mögt, könnte euch diese düstere Reise gefallen. Der Vorgänger von 2019 hat mich vor allem aufgrund seiner bizarren Pixelästhetik solide unterhalten, aber ich hab ihn nicht sehr lange gespielt. Dieser Nachfolger setzt in seiner stark vom Katholizimus geprägten Fantasyhölle ästhetisch noch eins drauf, ist als Metroidvania hinsichtlich des Leveldesign sowie der Geheimnisse weiter gereift und lässt bessere Waffenspezialisierungen zu.
Zwar leidet man auch in diesem Soulslike, denn man wird vom Tod bestraft, die Zwischenbosse verlangen Konzentration und für die Endbosse braucht man mehrere Versuche. Aber wer sich in das Kampfsystem mit seinen präzisen Blocks und Kontern reinkniet, wird in einen guten Spielfluss kommen und in den dämonischen Labyrinthen von Erkundungsreizen belohnt; außerdem sind die Heil- und Speicherpunkte fair platziert. Ich hatte jedenfalls auf dem Weg zum Boss sowie in diesen Duellen weniger frustrierende Momente als anno 2019.
Überhaupt serviert The Game Kitchen aus Sevilla eine bessere Harmonie, denn die Kulisse wirkt abwechslungsreicher und inszeniert je nach Areal andere Stimmungen. Konnte sich im Vorgänger noch eine gewisse Monotonie des Düsteren ergeben, öffnet sich hier öfter mal ein Vorhang in kleine visuelle Welten samt eigenem Flair. Auch die neue Story rund um drei legendäre Waffen sowie ihre monströsen Beschützer wird damit verwoben. In den ersten Stunden gefällt mir Blasphemous II solide bis gut.
Assassin's Creed Mirage...
...ist am 5. Oktober für PC, PS4/5 sowie XBS erschienen und kostet knapp 50 Euro. Dass ich dieser in ewig gleichen Abläufen erstarrten Serie wieder eine Chance gebe, liegt an Ubisofts Ansage, dass man mit mehr Schleichfokus und weniger sammelvoller Weltkarte zurück zu den Wurzeln möchte. Außerdem hat mich das 9. Jahrhundert mit Bagdad als Schauplatz neugierig gemacht. Einerseits setzt das Studio aus Bordeaux sein Vorhaben spürbar um. Denn ich fühlte mich in den besten Momenten, beim Untertauchen in der Menge sowie dem Vermeiden von Kämpfen tatsächlich erinnert an das elegante Action-Adventure, das ich das erste Mal 2007 auf der PlayStation 3 gespielt habe.
Auch sonst sind die Unterschiede von der wesentlich kürzeren Kampagne über den schmalen Fähigkeitenbaum bis hin zu den reduzierten Aufgaben auf der kleineren Weltkarte zu erkennen. Man fühlt sich also nicht von einer offenen Welt mit tausend und einer Beschäftigung erschlagen. Außerdem merkt man im Gegensatz zu Valhalla schnell, dass man hier nicht als allmächtiger Berserker aus dem Wüstensand schlüpft, sondern im Kampf gegen mehrere Wachen schnell überwältigt wird. Das war mir sympathisch und wirkte fast wie eine nostalgische Rückkehr, so dass ich gerne in die Rolle des Straßendiebs Basim geschlüpft bin.
Andererseits ist Ubisoft nicht konsequent genug. Denn erneut gilt es Rohstoffe zu sammeln, um Waffen und Ausrüstung bei Schmieden und Schneidern statistisch zu verbessern, was irgendwann sinnfrei ist. Zwar gibt es deutlich weniger, aber immer noch genug Sammelkram wie Federn, die für mich schon vor einem Jahrzehnt zu einem Symbol für Beschäftigungstherapie geworden sind. Und schon in den beiden seltsamen Prologen zeigt sich mehr schicke Oberfläche als spielerische oder gar erzählerische Tiefe, zumal Regie und Story leider enttäuschen. Der Plot: Ein unterforderter Dieb mit Lust auf politische Heldenkarriere befreit Bagdad von geheimdespotischen Maskenträgern.
Dass man das Geheimnisvolle des ersten Assassin's Creed nicht mehr replizieren kann, liegt natürlich in der Natur der längst aufgedeckten Zeitreise. Aber obwohl man einen professionellen Dieb spielt, lässt dieser beim ersten Bruch und hellichtem Tage die Türen weit auf, während eine Etage tiefer eine Wache steht. Etwas später schleicht er sich in den Palast des Kalifen, was durchaus Laune macht, nur um dann plump mit einem Kerzenleuchter auf eine Kiste einzuschlagen, die gerade von mysteriösen Maskenträgern als extrem wertvoll bezeichnet wurde. Weil das so laut ist, erscheint der Kalif...
Mal abgesehen davon, dass die Szene unglaubwürdig wirkt, gibt es kein Schlossknacksystem. Um Türen oder Kisten zu öffnen, muss man zwar den Schlüssel einer Wache stibitzen. Dafür reicht jedoch ein Kill oder ein Reaktionstest beim Taschendiebstahl, der immerhin für etwas Anspruch sorgt. Im zweiten Prolog erlebt man die wirklich schlecht dargestellte Ausbildung, in der man in einer idyllischen Bergfestung von einer Meisterin des Ordens ratzfatz durchgeschleust und zum Assassinen ernannt wird. Man bekommt den kostbaren Dolch samt Schwert nicht etwa als Belohnung nachdem, sondern schon vor dem eigentlichen Kampftraining, in dem man leichte und schwere Hiebe sowie Konter und Ausweichen erlernt.
Jetzt kann man sagen, das sind alles nur Kleinigkeiten im Einstieg. Aber der Widerspruch zwischen dem, was Story und Kulisse zeichnen wollen, also überaus heikle und spannende Infiltrationen, und dem, was man letztlich erlebt, eher gewöhnliches Schleichen und Killen, bleibt bestehen. Ich freue mich zwar über die Déjà-vus aus alten Zeiten, aber noch mehr hätte ich mich über ein intensiveres Stealth-Erlebnis gefreut. Trotzdem konnte mich dieses Assassin's Creed länger binden als die vorherigen Teile, trotzdem übt es eine gewisse Anziehungskraft aus, die auch mit der Ästhetik des Szenarios zu tun hat.
Es gibt einen zauberhaften Moment, wenn man die Bergfestung verlässt und im Wüstensand dieses sandfarbene Bagdad aus der Ferne sieht. An dieser Stelle hatte ich richtig Lust auf das Abenteuer. Wenn man sich auf einem Kamel sitzend den Toren nähert, wundert man sich zwar, dass man keine anderen Kamelreiter sieht, einige Texturen aufpoppen und es teils ruckelt. Aber das lokale Milieu mit all den Kindern, Frauen und Männern, die streunenden Katzen, die man auf den Arm nehmen kann, und die grasenden Esel (die leider einen schlimmen Grafikfehler zeigen, wenn sie den Hals beugen), dazu die dezenten Farben und das gesprochene Arabisch sorgen umgehend für orientalisches Flair.
Was die Artdesigner neben Architektur und Mode, Pflanzen und Wasserläufen ebenfalls richtig gut einfangen, ist die diesige Luft. Es macht Spaß, durch diese engen Gassen zu stromern, ihre Balken und Dächer als Parcours zu nutzen und Türme zu erklettern, um die Region auf der Karte zu synchronisieren. Aber recht früh nerven trotz all der Automatismen beim Klettern die Steuerungszicken beim Herabsteigen an Kanten, was nicht intuitiv genug funktioniert. Und je länger man spielt, desto mehr wiederholen sich auch die stimmungsvollen Szenen und Ansichten, denn dieses Bagdad kann trotz nestorianischer Klöster, eigener Hafenanlagen sowie diverser Paläste nicht die architektonische Vielfalt sowie Vertikalität eines Venedig oder Paris bieten.
Was mir gefällt, ist die angesprochene Vermeidung von offenen Kämpfen und die wieder entfachte Lust auf heimliche Wege und Ablenkungen. Allerdings erlebt man spielerisch lediglich Stealth-Action light, mit immer gleichen Abläufen und sehr durchschaubarem Gegnerverhalten bei extrem hohem Bodycount. Teilweise killt man im Sitzen: Man hockt in einem Unterschlupf, pfeift und kann dann zig vorbei spazierende Wachen bis hin zum schwer bewaffneten Krieger auf Knopfdruck töten und hinter sich stapeln; wie in einer endlos tiefen Todeszelle. Ebenso unrealistisch wie praktisch: Nur bestimmte Wachen lösen Alarm aus, wenn sie tote Kameraden sehen; andere suchen nur misstrauisch die Gegend ab und arbeiten einfach weiter.
Man hat auch manchmal gar keine Wahl als zu töten. Selbst als ein Christ die Gebeine eines Heiligen auf einem Friedhof ausbuddelt und Wachen ihn stellen, muss man sie zusammen mit dem Ungläubigen niedermetzeln - was im Dialog hanebüchen gerechtfertigt wird. Es gibt zwar auf dem Papier einige Fraktionen, aber die spielen letztlich keine Rolle, denn man beeinflusst politisch nichts, befreit lediglich Rebellenanführer oder tötet recht blasse Feinde. Beim Infiltrieren von schwer bewachten Festungen oder Gefängnissen muss man zunächst vorsichtiger sein. Man huscht wie damals von Busch zu Busch, meidet Sichtlinien, taucht in kleinen Gruppen oder als Zivilist unter.
Aber da man sofort die mächtige Sicht durch Wände einsetzen kann und on top den coolen Adler zur Sichtung von Geheimgängen oder manipulierbaren Bewohnern hat, ist der Weg hinein doch immer recht schnell gefunden. Selbst wenn man hier die Assassinen-Kleidung trägt, die anderen in der Story sofort auffällt, sind die Schergen des Kalifen anscheinend blind dafür. Und spätestens, wenn man mit dem Kettenkill vier, fünf Wachen in Highspeed dahin metzelt, ist die zu Beginn aufkeimende Vorsicht auch in schwer bewachten Arealen kaum noch nötig. Wenn es doch mal eskaliert und man fliehen muss, rennt man einfach stur geradeaus weg, versteckt sich oder taucht ab ins Wasser. Dann senkt man die dreistufige Suchgefahr, indem man Steckbriefe vernichtet oder Stadtschreier mit Münzen besticht.
All das kann genau so Spaß machen. Und natürlich hab ich hier nicht die kreative Vielfalt eines Hitman erwartet. Aber nach den ersten Déjà-vus habe ich darauf gehofft, dass man mehr als recht gewöhnliches Schleichen auf klaren Schienen erlebt. Auf denen werden übrigens kleine Schieberätsel inszeniert, wenn man Wege zu Kisten oder Gängen frei machen muss. Schön ist auch, dass man ab und zu entscheiden kann, wie man einen Auftrag löst und dabei vernetzte Indizien sowie Beweise auf einer Karte sieht. Aber letztlich ist auch das mehr investigativer Schein als wirklich detektivisches Sein. Die Antagonisten in den Masken sehen zwar mysteriös aus, aber die Story ist es leider nicht.
Immerhin kann man an leuchtenden Quadern, meist in der Nähe historischer Stätten, etwas mehr über die Geschichte Bagdads, die Abbasiden, den Islam, den Handel sowie die Kultur erfahren, teilweise mit Bildern von Ausgrabungen oder Manuskripten. Zwar wirken sie wie touristische Artefakte von Außerirdischen. Aber sie waren neben der zumindest aufkeimenden Nostalgie alter Zeiten die größte Motivation für mich weiter zu spielen. Es geht in die richtige Richtung, und Assassin's Creed Mirage konnte mich als erstes Spiel der Reihe endlich wieder so solide bis gut unterhalten, dass ich nicht nach drei Stunden genug hatte.
Under the Waves...
...ist am 29. August für PC, PS4/5 sowie XBS erschienen und kostet knapp 30 Euro. Nach Dredge und Dave the Diver ist das schon das dritte interessante Abenteuer des Jahres mit maritimem Flair. Allerdings steht dieses in der Tradition klassischer Storytelling-Adventure, die von Dear Esther bis Firewatch und Detroit: Become Human eine lange Reise hinter sich haben. Letzteres erwähne ich deshalb, weil Quantic Dream dieses Spiel unter dem Label Spotlight veröffentlicht hat.
Das französische Parallel Studio entführt sowohl in die Tiefen der Nordsee als auch in die familiäre Vergangenheit des Tauchers Stan. Aus der Schultersicht erlebt man zunächst seinen Alltag als Unterwasser-Hausmeister eines Ölkonzerns, während er Arbeitshinweise von seinem alten Kumpel per Funk aus dem Hauptquartier bekommt. In diesen Dialogen entsteht eine freundschaftliche Atmosphäre, man spürt manchmal die Wehmut ehemaliger Fischer, die jetzt für einen Konzern in ganz anderen Maßstäben das Meer ausbeuten, in dem sich immer mehr Plastik ansammelt und gigantische Rohre immer tiefer bohren.
Neben der Gesellschafts- und Konzernkritik schleichen sich auf subtile Art bald private Spannungen sowie unheimliche Töne ein. Im Tagesrhythmus entsteht zunächst eine Routine. Stan bewegt sich in der Anlage frei, kann Kaffee kochen, TV schauen oder einen Roboter befragen, wobei die Kulisse samt der Retrotechnik eine überzeugende alternative Gegenwart der 70er Jahre inszeniert. Unter Wasser repariert man frei schwimmend diverse Lecks oder navigiert mit einem coolen U-Boot zu entfernten Anlagen - das hat richtig Laune gemacht, weil es recht viel zu sehen und nahezu jede Fischart zu entdecken gibt.
Manchmal entsteht in der Meereswelt ein idyllisch-majestätisches Flair, mit teilweise unheimlichen Momenten vor tiefen Gräben, die man in ihren Schächten und Höhlen wie Dungeons erkunden kann. Im Angesicht senkrecht schlafender Wale fühlt man sich dann wie ein Wurm und wenn man versunkene Schiffe entdeckt, um Rohstoffe oder Schätze zu finden, entsteht Survival- und Abenteuerflair. Das Sammeln und Craften wirkt zwar etwas aufgesetzt, aber es gibt keinen überflüssigen Kampf gegen Haie oder Ähnliches, und während man auf Sauerstoff sowie Treibstoff achtet, erlebt man bei manchen Reparaturen nette Logikrätsel, die immer kniffliger werden.
So richtig spannend wird es, wenn immer seltsamere Zwischenfälle gemeldet werden, über der Nordsee ein Sturm wütet, man unter Zeitdruck steht und Stans Alpträume mit den seltsamen Ausfällen unter Wasser zu verschwimmen drohen. Was wie eine gemütliche maritime Alltagssimulation beginnt, eskaliert in ein packendes Drama. Mir hat der Spannungsaufbau gefallen und es hätte fast eine Rezension gegeben, wenn nicht so viele Abstürze und einige technische Probleme der Unreal Engine dazwischen gefunkt hätten. Mittlerweile haben Patches all das auf der PS5 behoben und ich kann dieses gute bis sehr gute Adventure nur empfehlen. Stan wird mir als Charakter jedenfalls in Erinnerung bleiben.
Book of Hours...
...ist am 17. August für den PC erschienen, kostet knapp 25 Euro und ist ein besonderes Spiel. Ich würde sogar sagen, dass es ein kleiner Schatz ist. Und zwar für Freunde rätselhafter Geschichten, die Spaß an Labyrinthen, Geheimcodes und Okkultem haben. Auf den ersten Blick geht es lediglich darum, immer mehr Karten zu sammeln. Das ist also kein aktives Puzzle-Adventure aus der Ego-Sicht wie The Witness oder The Talos Principle, sondern spielt sich wie ein indirektes Adventure mit Brettspielflair, bei dem man von Ort zu Ort navigiert und Karten ausspielt.
Man landet ohne Gedächtnis an der englischen Küste, bewegt dort keinen Charakter aktiv, sondern wird in eine rätselhafte Oberfläche entlassen, die neben dem gezeichneten Strand aus interaktiven Landmarken, verschlossenen Gebieten sowie Rahmen und Flächen für Karten besteht. Das Ziel: Man soll eine uralte Bibliothek wieder aufbauen. Aber wie kommt man dorthin? Wie spielt man überhaupt? Von Beginn an liegt ein nebulöser Schleier über der Spielmechanik und der Story, so dass man tatsächlich wie ein Gestrandeter mit der Maus umher irrt, um erstmal einen Weg in den Küstenort zu finden. An dieser Stelle wird man entweder vor dem Abstrakten fliehen oder gerade deshalb angelockt.
Ich fühlte mich angesichts all der Symbole und Prinzipien wie in einer Art von strategischem Tarot, das einen dazu animiert, seine Geheimnisse zu lüften. Ich mochte auch umgehend die elegante Ästhetik der Zeichnungen sowie den Sinn für Sprache. Denn hinter allem verbirgt sich eine kleine Geschichte, eine Metapher oder ein Zitat. So entsteht schon vor dem Erwerb der ersten Bücher eine gewisse bibliophile Atmosphäre, in der das Wort etwas bedeutet. Man findet z.B. eine Karte namens "Wolf Stories", die mit "Sometimes we eat the wolf, sometimes the wolf eats us." beschrieben wird und fünf gezeichnete Symbole mit Namen trägt: Moon, Scale, Skill, Birdsong, Skolekosophy. Moment, was bedeutet Skoleko...?
Dieses Spiel animiert dazu, sich mit den Begriffen zu beschäftigen. In diesem Fall geht es um das Studium von Dingen, die man nicht studieren sollte - und damit um eine der neun Weisheiten, die als faszinierender Fähigkeitenbaum inszeniert werden, auf dem man seine Talente freischaltet. Natürlich hilft es, wenn man Brettspielflair mag und gute Englischkenntnisse hat. Aber im Gegensatz zum abstrakten Cultist Simulator gelingt dem Team von Weather Factory diesmal eine bessere Symbiose aus Spielwelt und Karten, es gibt einen Tag- und Nachtwechsel und Sonne oder Nacht wirken sich aus, so dass eine stimmungsvolle Atmosphäre entsteht. Nicht zu vergessen: Alexis Kennedy hat auch das eindringliche Sunless Sea designt, das ich sehr schätze. Und auch dieses Book of Hours hat mich schon viele Stunden sehr gut unterhalten.
Das war die neunte Breitseite, in die es Spiele wie Chants of Sennarr, Lies of P, Scorn, Gord oder Six Ages 2 nicht mehr geschafft haben. Aber daran erkennt man ja schon, dass einige Ziele für die nächste Breitseite schon anvisiert sind.
Ich denke die Breitseite ist aktuell der heissestes Scheiss hier... aber die Schwankungen machen auch kein Nordlicht Seekrank
Schade um Atlas Fallen, mit den beiden Surge-Teilen hatte ich großen Spaß - auch wenn Teil 2 eine seltsame Schwierigkeitskurve hatte: Anfangs noch steil bergauf und zum Endteil hin auf einmal rapide abfallend; den finalen Boss habe ich first try ohne große Mühe gelegt...
Vom Kampfsystem hört man ja durchaus Gutes - wenn nicht zu viele Gegner gleichzeitig den Bildschirm füllen - aber der Rest soll, wie du auch schreibst Jörg, weniger überzeugen. Und sorry, aber dafür sind einfach zu viele gute Titel erschienen, als dass ich meine geringe Zeit für Halbgares "opfern" möchte...
Gleiches gilt für AC: Mirage, dass mich mit seinem Back to the Roots-Ansatz zwar durchaus interessiert (Teil 1, 2 und Brotherhood fand ich richtig gut, Revelations…
Für mich ist Under the Waves allein aufgrund seiner Message, einer der wichtigsten Titel in diesem Jahr. So etwas sollte es häufiger geben. Hinzu kommt diese tolle Atmosphäre.
Grundsätzlich begeistern und überraschen mich gerade die kleineren Titel in diesem sehr starken Jahr.
Wirst du dir Jusant anschauen, Jörg? Die Demo mit ihrer melancholischen Stimmung fand ich schon großartig.
Ich finde, die Breitseite wird immer besser. Das Kurzformat scheint irgendwie dazu zu führen, dass man direkter spürt, wo beim unter die Lupe genommenen Spiel der Schuh drückt oder sich zarte Freude breit macht.
Die Worte zu "Under the Waves" kann ich so unterschreiben. Ein sehr entschleunigtes Spiel mit viel atmosphärischer Einsamkeit und den Gründen dafür. Zudem hat es mit der Verbindung zu der Surfrider Foundation noch eine weltliche Mission. Diese wird erst dezent angerissen, wenn man durch die ersten Plastikflaschen schwimmt. Dann wird es deutlicher, wenn Stan sich um verlorene Container kümmern muss und dann gibt es noch eine Steigerung, die mich visuell dann doch schon sehr betroffen zurückgelassen hat. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass es einen ECO Grafikmodus gibt.