Als ich kürzlich im Supermarkt an der Kasse stand, sah ich links von mir sechs oder sieben Regalmeter mit Printmagazinen, darunter gefühlt zwei Dutzend im Stile von Bild der Frau, Für Sie oder Frau im Trend. Ich war kurz perplex: Einige davon hatte doch meine Oma schon in den 70ern gelesen! Woher kommt diese Langlebigkeit?
Auf den ersten Blick sehen sie alle gleich aus und sprechen dieselben Themen an. Trotzdem blühen sie seit Jahrzehnten wie ein Blumenbeet, dem anscheinend kein digitaler Lesetrend etwas anhaben kann. Im Gegenteil: Es gab Ende der 2000er sogar einen Boom und neue Hefte wie Emotion, Fräulein oder Grazia kamen mit kreativen Konzepten für jüngere Generationen hinzu.
Das ist erstaunlich, gerade für einen alten Videospieler wie mich. Ich stelle mir vor, ASM, Amiga Joker, Happy Computer oder Power Play aus den 80ern und 90ern würden da immer noch ausliegen, während gleichzeitig ein halbes Dutzend neuer Magazine erscheint. Tja, das hört sich an wie Science-Fiction für Nostalgiker...
...und genau die gibt es ab heute in der GEE Nr. 73. Ihr findet sie vermutlich nicht im Supermarkt, sondern eher am Bahnhofskiosk; oder bestellt sie euch für 9,90 Euro. Das Leitmotiv ist die Science Fantasy, der ihr nicht nur in der Titelstory über Star Wars Outlaws oder Warhammer 40.0000: Space Marine 2 begegnet.
Hinzu kommt ein kulturhistorischer Blick auf dieses Genre, wir haben verschollene Spiele im Weltall aufgespürt, die eindrucksvoll kostümierte 501st Legion samt Stormtroopern bei einem Kinderfest in der Charité Berlin besucht und einen überzeugten Trekkie gefragt, was er von all dem Krieg der Sterne hält. Es gibt auch eine SciFi-Kurzgeschichte von Christian Endres über einen Cyberfuchs.
Auf den 100 Seiten geht es zudem um Indiana Jones und Manor Lords, um The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom und Neva, um Astro Bot, um Dustborn und X-Out Resurfaced, um Life Is Strange, Screenbound uvm. Außerdem haben wir die Rocket Beans für eine Reportage besucht, lassen Künstler und Philosophen über Fragen der Spielkultur zu Wort kommen und haben zum ersten Mal einen Cartoon von Michael Holtschulte im Heft. Und was macht man eigentlich, wenn man zwanzig Jahre keine Games gezockt hat? Wie schließt man die Lücke? Das erläutert Oliver Uschmann. Und natürlich gibt es im Bereich Neues wieder einiges für Videospieler zum Schmökern:
Das ist ja die vierte Ausgabe seit dem Comeback von 2022, sie wackelte schon und hat eine längere Reise hinter sich. In der letzten GEE vom Sommer 2023 verabschiedete ich mich noch auf ein schönes Wiederlesen im Herbst. Daraus wurde leider nichts und anstatt "Love For Games" toben in der Branche die Stürme einer Entlassungswelle, die bis heute ganze Studios verschlucken und zehntausende Menschen den Arbeitsplatz kosten. Und auch für all die Formen des Spielejournalismus wird es nicht leichter.
Trotzdem gibt es immer wieder positive Überraschungen wie z.B. das Printmagazin Retro Gamer von Jörg Langer oder den Aufstieg von Dom Schotts Podcast OK COOL (für den übrigens Lea Irion arbeitet, die auch für diese Gee geschrieben hat). Es gibt da draußen genug Leute, die lesenswerte Geschichten und gute Spiele wertschätzen. Nicht nur unter Fans und Kritikern, auch bei Publishern und Entwicklern, egal ob Triple A oder Independent.
Man denke an den Aufstieg von Team Asobi bei Sony, die aus einer charmanten Fingerübung ein vollwertiges Jump’n Run namens Astro Bot machen konnten. Oder an den Erfolg von Manor Lords, der Aufbaustrategie eines bis dato unbekannten Entwicklers, der aus dem Nichts dafür sorgte, dass Steam-Rekorde purzelten und Millionen Spieler einer mittelalterlichen Dorfromantik verfielen.
Auch hinter Star Wars Outlaws steckt letztlich das Märchen eines Studios aus Malmö namens Massive Entertainment, das im Jahr 2000 mit der Echtzeit-Taktik Ground Control debütierte und jetzt ein großes Abenteuer im Universum von George Lucas inszenieren darf. Es gibt also immer wieder Chancen für kreative Leute, sich in der Welt der Videospiele
zu verwirklichen und genug erzählenswerte Geschichten. Einige davon findet ihr vielleicht in der GEE Nr. 73.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei all den tollen Leuten, die mir und Brian Crome geholfen haben, dieses Magazin zu gestalten:
Texte: DANIEL APPEL, NORA BEYER, JAN BOJARYN, EIKE CRAMER, CHRISTIAN ENDRES, DANIEL MARTIN FEIGE, ARNO GÖRGEN, MOSES GROHÉ, LEA IRION, PAUL KAUTZ, MICHAEL KROSTA, CHRISTINA KUTSCHER, BENJAMIN SCHMÄDIG, ALEXANDER SCHOLZ, OLIVER USCHMANN.
Fotos/llustrationen:
LINA BANANE, CARLOS FERNÁNDEZ LASER, SARAH FICHTINGER, MICHAEL HOLTSCHULTE, MAJA LUIBL, UWE NIKLAS, AXEL PFAENDER, JÜRGEN SCHABEL
JULIA STEINMETZ.
Hier das komplette Inhaltsverzeichnis der GEE 73:
Vielen Dank an alle Steady-Unterstützer, die dieses kleine Spiele-Magazin mit ihrem Abo möglich machen. Es würde mich freuen, wenn ihr auch an Bord kommt!
Moin Jörg, schön das es dir wieder besser geht. Man sieht nicht viel von mir hier, da ich eher der Stille Genießer bin, daher könnte das hier gerade mein allererster Post auf deiner Seite überhaupt sein.
Wie auch immer, seit April lebe ich mit meiner Partnerin in Sydney, Australien. Wir sind ausgewandert und haben es erst kürzlich geschafft als Freelancer etwas Fuß zu fassen. Ich würde mir liebend gern von meinem Klimpergeld etwas haptisches aus Deutschland rüberschiffen lassen, genauer gesagt die GEE Nr. 73.
Leider schiebt mir der Onlineshop einen Riegel vor: In roten Lettern à la Dark Souls steht da “Kein Versand nach Australien”. Bevor ich meine Bekannten in DE aktiviere, wollte ich fragen ob es noch eine andere…
Habe am Wochenende genüsslich reingelesen und bin wie immer begeistert. Großartige Arbeit! Hoffe, es kommen zukünftig noch viele Ausgaben in dieser Qualität :)
Das Heft Nr. 73 ist inhaltlich und designtechnisch wieder richtig rund geworden. Freue mich jetzt schon auf die nächste Ausgabe! Kann man die 2 Hefte pro Jahr eigentlich abonnieren? Dann würde ich keines verpassen :)
Gibt es die GEE auch digital?
Wow, wenn ich die Liste der Autoren lese, dann bekomme ich direkt Lust das Heft zu lesen; sollte bald im Briefkasten sein…