Ich habe großen Respekt vor Künstlern, die mit ihren Zeichnungen, Illustrationen und Malereien die Fantasie anregen und damit manchmal erst die Tore öffnen, durch die Storywriter, Programmierer und viele andere gehen, um eine ganze Welt daraus zu formen. Manchmal schaut man ein Bild an und sieht schon ein Abenteuer vor sich - oder wünscht sich eines. Und das Schöne steckt auch im Alptraumhaften.
Bei diesem hier, vom amerikanischen Künstler Vance Kovacs, will man entweder sofort die Flucht ergreifen oder vielleicht aufspringen, um einem Feind mit donnernden Hufen entgegen zu reiten. Es ziert die Karte "Nightmare" in Magic The Gathering von 2014 und 2015.
In meinem Podcast mit Christian Endres haben wir ausführlich über das Sammelkartenspiel von Richard Garfield gesprochen und einige Flavor-Texte unserer Lieblingskarten vorgelesen - und Nightmare war einer meiner Favoriten. Unter dem fliegenden Alptraum aus dem schwarzen Deck steht Folgendes:
Das Donnern seiner Hufe verwandelt Träume in Verzweiflung.
Vance Kovacs gehört ja zu den ganz großen Künstlern der Spiele- und Filmbranche, der u.a. die wunderbaren Konzeptzeichungen zu God of War sowie God of War: Ragnarök, aber auch zu Black Panther, Planet der Affen, Moonknight und Guardians of the Galaxy Vol. 3 beigetragen hat.
Doch diese Karte für Magic: The Gathering zu illustrieren war keine so leichte Aufgabe, denn es gab Nightmare schon in früheren Editionen. Einmal 1993 von Melissa Benson, die das Pferd für das Alpha-Set vielleicht noch etwas zu freundlich und fast wie einen feurigen Phönix für das rote Deck wirken ließ.
Kniffliger zu verdüstern war der untote Hengst des britischen Künstlers Carl Critchlow von 2001 für die 7. Edition: In seiner beeindruckenden Pose und mit diesem fahlweißen Blick, der mich an das aus dem Vorhang starrende bleiche Pferd aus dem Gemälde Nachtmahr von Johan Heinrich Füssli erinnert, könnte ich es mir in einer Art Silent Hill des 18. Jahrhunderts vorstellen.
In seiner Ausdruckskraft ist das Bild von Carl vielleicht noch unheimlicher als das von Vance, mit den starken Kontrasten von Schwarz und Weiß markanter bzw. ikonischer - es wäre ein ideales Wappen für einen schwarzen Ritter oder einen Nekromanten.
Vance' Interpretation wirkt mit dem Aufbäumen hingegen dynamischer und mit dem züngelnden Feuer, der wirbelnden Asche sowie den Totenschädeln im Nacken entsteht das Gefühl, dass es direkt aus der Hölle kommt - oder eben aus der Hand des Spielers.
Es sind jedenfalls tolle Künstler wie diese, die Video- und Brettspiele, aber auch Filme und Comics mit ihrer Kreativität so lebendig machen.
Das ganze Portfolio von Vance Kovacs findet ihr hier. Es gibt bereits einige "Schöne Aussichten" im Archiv, ich werde versuchen sie alle zwei Wochen anzubieten.
Vielen Dank an alle Steady-Unterstützer, die dieses kleine Spiele-Magazin mit ihrem Abo möglich machen. Es würde mich freuen, wenn ihr auch an Bord kommt!
Was ich überragend finde ist, dass das besprochene Bild an das Original erinnert.
Der erste Blick auf das Vorschaubild und ich dachte an das Spiel "Darksiders". Aber bei näherem Hinsehen fehlte dann der Reiter. 😄
Nightmare ist auch eine ikonische Karte, absolut. Spielerisch nicht mehr zeitgemäß (zu hohe Manakosten), aber auch in meinem Freundeskreis von Spielern die vor Jahren bereits aufgehört haben, sich für Magic zu interessieren, könnte jeder das Nachtmahr erinnern, wahrscheinlich sogar die groben Stats, aber viel mehr noch, was für ein Gefühl es erzeugt.